Die Halse Segeln wird oft als gefährliches und kompliziertes Segelmanöver dargestellt. Dabei ist die Halse einfach nur eine Kursänderung, bei der das Segel auf die andere Seite des Segelbootes kommt und das Heck, also der hintere Teil, des Bootes durch den Wind geht. Hier lernst du angstfrei zwei verschiedene Wege eine Halse sicher zu segeln.
Das Gegenstück zur Halse ist die Wende, bei der der Bug durch den Wind geht (hier liest du mehr zur Wende). Kommt der Baum ungewollt durch eine Halse herüber, wird das Patenthalse genannt.
Möchtest du zu einem Ziel in Lee stellt das mehrfache Halsen den direktesten Weg nach Lee dar. Du segelst im Zick Zack nach Lee. Das wird auch Kreuzen vor dem Wind genannt. Wie das Gegenstück Kreuzen am Wind geht, liest du im Artikel zur Wende.
Wenn wir eine Halse segeln, dann machen wir das von Raumwindkurs zu Raumwindkurs. Dabei kannst du entweder mit dem Segel auf Backbord (links) oder mit dem Segel auf Steuerbord (rechts) beginnen. Während das Heck durch den Wind dreht, kommt der Großbaum mit einem Schwung über.
Da der Großbaum beim Halsen in erhöhtem Tempo auf die neue Seite schwingt, wird das Manöver oft von Anfängern gefürchtet und von „Experten“ gefährlich geredet. Das muss aber gar nicht sein. Denn mit der richtigen Technik und dem Verständnis für die Theorie ist eine Halse sogar einfacher zu segeln als eine Wende.
Im Vergleich zur Wende, bei der man häufig aufgrund von Fehlern im Wind stehen bleibt, funktioniert das Halsen nämlich immer. Da man den Wind von hinten bekommt und somit konstant achterlicher Wind auftritt, hat das Boot immer Vortrieb. Somit kann man mit dem Ruder konstant die Richtung ändern, bis das Segel überkommt und man bleibt keinesfalls stehen.
Ja, es gibt Gefahren. Diese beschreibe ich direkt im nächsten Absatz.
Die Gefahren der Halse
Obwohl ich gerade beschrieben habe, dass Halsen immer klappt, möchte ich hier auch die möglichen Schwierigkeiten bzw. Gefahren objektiv benennen.
Das Manöver muss nämlich nicht gefährlich sein und du darfst dir auf keinen Fall zu viel Angst einreden lassen. Weiter unten beschreibe ich dir die Technik, die ich anwende und mit der ich beste Erfahrungen gesammelt haben, auch bei viel Wind.
Die Gefahren gehen zu 100 Prozent vom Großbaum aus! Durch das Drehen des Bootes vom Raumwind zu Vorwind und weiter bekommt das Boot bzw. das Segel zu einem bestimmten Zeitpunkt den Wind ganz plötzlich von der anderen Seite. Das hat zur Folge, dass das Segel inklusive Großbaum mit ungebremster Wucht auf die andere Seite schwingt. Passiert dies ungewollt durch z.B. einen Winddreher oder Steuerfehler, nennen wir das eine Patenthalse. Unter dem Artikel zum Vorwindkurs gibt es ein paar mehr Informationen zur Patenthalse.
Da wir jedoch wissen (sollten), dass der Baum irgendwann rabiat herüberschnellt, können wir uns ja darauf einstellen.
Wenn der Großbaum über kommt, werden relativ große Kräfte freigesetzt, die ggf. zu Kopfschmerzen, einer Person über Bord, einer Kenterung oder Materialbruch zur Folge hat.
HINWEIS: Alles kann, aber nichts muss passieren. Das Gute ist, du bist allein zu 100% für den Ausgang verantwortlich.
Das solltest du immer machen:
- Kopf und Körper unterhalb des Baumes halten
- Durch Ansage des Manövers, allen auf dem Boot Zeit zum Abducken geben
- Die richtige Halsentechnik
Als Anfänger habe ich den Baum auch schonmal gegen den Kopf bekommen und bin rückwärts ins Wasser. Ebenso habe ich ausgiebig das Kentern nach dem Halsen geübt. Wenn man mit einer moderneren Jolle unterwegs ist, kein Problem. Aufrichten und direkt weiter segeln. Bei älteren Booten will man natürlich die Kenterung vermeiden. Die richtige Technik und Übung hilft dabei.
Warum überhaupt halsen und nicht wenden?
Jetzt hast du kurz und knapp über die Gefahren gelesen und fragst dich vielleicht warum überhaupt halsen.
3 Gründe fallen mir dabei ein:
- Es macht super viel Spaß
- Wenn es sehr viel Welle und Wind gibt, kann es schonmal passieren, dass das Wenden nicht klappt und man ständig im Wind stecken bleibt. Gerade wenn man diese typischen Fehler bei der Wende macht, passiert das schnell. Da eine Halse immer geht (ob es gelingt oder nicht ist eine andere Betrachtung), kann man sie als Alternative zur Wende nutzen.
- Wenn man nicht von Raumwind zu Raumwind halsen möchte, kann man auch eine Q-Wende machen. Anstelle mit dem Heck durch den Wind zu gehen, macht man das mit dem Bug. Allerdings musst du dann erst auf Halbwind, dann auf Am Wind, Wenden, Am Wind mit Segel auf der anderen Seite, Halbwind und endlich wieder Raumwind. Das dauert. Eine Halse ist einfach schneller. Besonders auf Regatta zählt jede Sekunde.
Lies mehr zum Thema: Was ist der Unterschied zwischen Wende und Halse beim Segeln?
Ablauf und Kommandos der Halse
Folgend beschreibe ich dir, wie ich jedes Mal auf einer Jolle halse. Anschließend erkläre ich noch einen anderen Weg, wie es häufig gelehrt wird und auf weniger sportlichen Booten und Yachten durchgeführt wird.
Mein Ablauf wird auch „Regattahalse“ genannt. Im Vergleich zur typisch gelehrten sind die Schritte etwas anders und die Abläufe sind etwas sportlicher. In einer Regatta muss man eben schnell das Segel auf die andere Seite bekommen.
Für den Alltag hat es aber überhaupt nichts mit der Regatta zu tun. Wie erwähnt, fahre ich diese Version jedes Mal, unabhängig, ob in Regatta oder nicht und auch egal ob Einhand- oder Zweihandboot (= Ein Boot für eine Person bzw. 2).
Merke: Nutzung auf eigene Gefahr. Für die SKS, SBF Segelprüfung bitte erfragen wie der Prüfer es gerne hätte. Es ist möglich, dass meine allzeit genutzte und funktionierende Halse nicht mit der „offiziellen“ und „richtigen“ des Prüfers übereinstimmt.
Ablauf und Kommandos der Regattahalse beim Segeln
(1) Voraussetzung ist, dass du und dein Segelboot sich auf einem tiefen Raumwindkurs befinden. Segelst du mit Fock, fällst du soweit ab (an der Pinne ziehen) bis die Fock anfängt einzufallen. Sobald das geschieht, luvst du wieder etwas an. Du bist jetzt auf dem richtigen Kurs.
Es gilt auf Raumwind Kurs, dass die Segel sehr weit geöffnet sind. Segel können die Wanten berühren, jedoch sollte der Baum eine halbe oder ganze Handbreite Abstand zu den Wanten haben. So kann er beim Überschwingen nicht gegen diese schlagen.
(2) Mit einem Blick nach Lee (hinter/unter die Segel) stellst du fest, ob du überhaupt genug Platz hast zu halsen.
(3) Hast du genug freien Raum und dich entschlossen eine Halse zu segeln, solltest du deinen Mitseglern gerne Bescheid geben, dass der Baum gleich rüberschießt. Ein lautes „Klar zur Halse!?“ ist der freundliche Hinweis den die meisten nutzen.
(4) Die Crew nimmt jetzt die Fockschot aus der Klemme und macht sich bereit auf die andere Seite des Bootes zu gehen. Gegebenenfalls, wenn der Gewichtstrimm es zulässt, rutscht die Crew in die Mitte vom Boot und bleibt da sitzen bzw. hocken. Wenn fertig kommt die Antwort „Ist klar!“.
Da das Segel unweigerlich über kommen wird, sobald du anfängst das Boot zu drehen, musst du dich ebenso wie der Vorschoter vorbereiten auf die andere Seite zu gehen.
(5) Gefühlvoll ziehst du nun an der Pinne und das Boot fällt ab.
Mehr als 15° musst du selten Ruder legen. Da der Wind dich von hinten schiebt, wirst du nicht wie beim Wenden stehen bleiben und behältst konstant die Ruderwirkung.
(6) Je nachdem wie groß dein Boot ist, stehst oder hockst du leicht nach innen versetzt. Sobald durch das Abfallen die Fock Richtung Mitte geht, greifst du die Großschot Talje (das ist das Flaschenzugsystem der Großschot zwischen Baum und Bootsrumpf) soweit wie möglich oben an und ziehst das Großsegel auf die neue Seite. Diese Hilfe wird auch „Schiften“ genannt.* Gleichzeitig heißt es „Rund Achtern!“.
(7) Wenn Großsegel und Fock in der Mitte vom Boot sind (ACHTUNG Kopf runter), solltest du auch in der Mitte vom Boot sein. Gleichzeitig geht auch die Pinnen in die Mitte. Du gibst „Stützruder“.
(8) Da sich das Großsegel jedoch nicht lange in der Mitte aufhält, sondern zackig auf die neue Seite geht, machst du das auch. Alles in allem ist es ein fließender Ablauf und wie beim Wenden bewegst du dich entgegengesetzt, jedoch vom Tempo her synchron zum Großsegel (d.h. du musst sehr schnell auf die neue Seite). Die Pinne bleibt weiterhin in der Mitte, die Augen sind nach vorne gerichtet und die Pinne wird hinter dem Rücken gewechselt.
(9) Wenn der Vorschoter sich nicht mittig vom Boot platziert hatte, muss sich dieser genauso synchron mit auf die andere Seite bewegen und die Fock auf die neue Seite über holen. Da das Vorsegel durch den Wind von allein über geht, hat der Vorschoter nicht viel zu tun, außer achtsam mit dem Gewichtstrimm umzugehen.
(10) Super, du hast das Manöver beendet. Jetzt gehst du auf neuen Kurs, stellst die Segel ein und freust dich.
*Warum schiften? Durch das Schiften wird der Weg vom Großbaum und somit die entstehende Kraft beim Halsen verkleinert. Ebenso hat man deutlich mehr unter Kontrolle, wann der Baum auf die andere Seite kommt. Es gilt: Schiften sobald es der Druck im Segel zulässt. Versuchst du zu früh zu schiften, während noch zu viel Druck im Segel ist, besteht die Gefahr, dass du das Boot ins Schaukeln bringst und somit nicht flach in das Manöver gehst.
Zusammenfassung Kommandos und Ablauf Halse
- Auf Raumwindkurs gehen
- Blick nach Lee
- Steuermann „Klar zur Halse!?“
- Vorschoter nimmt Fockschot aus Klemme, rutscht ein und Antwort „Ist Klar!“
- Steuermann rutscht etwas ein, zieht an Pinne
- Wenn Fock fällt, Großbaum an Großschot Talje schiften und „Rund Achtern!“
- Wenn Baum in der Mitte, Pinne mittig stellen (ACHTUNG: Kopf runter) – Stützruder genannt
- Synchron mit Segel Seiten wechseln und Handwechsel an der Pinne hinter Rücken
- Vorschoter: Fock über holen und Seite wechseln (falls nicht mittig positioniert)
- Neuen Kurs steuern und neue Segelstellung
- Fröhlich weiter segeln
Merke: Wie überall gilt – Kommando heißt nicht herumschreien oder militärischer Ton. Kommandos kannst du dir auch selber ausdenken. Egal was du nimmst, alle sollte jedoch wissen was welches Kommando bedeutet.
Typisch geschulte Halse
Hier kommt der alternative Ablauf. Persönlich nutze ich auf Jollen 100% die Regattahalse. Folgender Ablauf ist aber für Yachten und für unsportlichere Jollen und Kielboote geeignet. Manch einer würde sie auch Rigg schonender bezeichnen.
- Abfallen auf Raumwindkurs bis Fock einfällt und dann etwas anluven
- Blick nach Lee
- Steuermann: „Alles Klar zur Halse!?“
- Vorschoter: Fockschot aus Klemme, dann „Ist Klar!“
- Großsegel dichtholen (NICHT um die Hand wickeln) bzw. „Hol dicht die Großschot“ falls Steuermann und Person an der Großschot nicht identisch sind – dann warten bis Großschot dichtgeholt wurde.
- Pinne ziehen, abfallen
- Sobald Großsegel über geht „Rund achtern“ plus Großschot fieren und „Fier auf die Großschot“ (wenn Steuermann und Vorschoter nicht gleich) und Seitenwechsel (ACHTUNG: wird die Schot nicht gefiert droht starke Krängung bzw. eine Kenterung) + Stützruder geben (Pinne mittig stellen)
- Während Seitenwechsel Hand an der Pinne hinter dem Rücken tauschen
- Vorschoter wechselt Seite und holt Fock über (gleichzeitig mit Steuermann) – Manche Steuermänner sagen „Über die Fock“, allerdings macht sie das von allein, so dass der Vorschoter gar nicht anders kann.
- neuen Kurs wählen „Kurs XYZ liegt an“
Unterschiede zwischen Regattahalse und „normaler“ Halse
Bei der typischen Halse wird die Großschot vor dem Ruder legen dicht geholt, um die Distanz des überkommenden Baumes zu verringern. Dabei muss aufmerksam darauf geachtet werden, dass die Großschot sofort, wenn das Segel über kommt, gefiert wird.
Das Gleiche wird ebenso durch das Schiften bei der Regattahalse erreicht. Nachteil des Dichtholens ist, dass dein Boot dadurch an Geschwindigkeit verliert. Je geringer die Fahrtgeschwindigkeit, desto stärker kracht das Segel über.
Merke: Je schneller du bei der Halse segelst (Vortrieb), desto weniger Kraft wirkt auf dem Baum beim Überschlagen. Grund dafür ist der scheinbare Wind, der mit höherer Fahrtgeschwindigkeit weiter von vorne kommt. Segelst du sehr schnell, kannst du das Segel ohne Problem nach Belieben schiften, ohne dass der Baum über schlägt. Je höher die Geschwindigkeit, desto mehr musst du allerdings auf Gewichtstrimm achten.
Halsen mit Pinnenausleger
Halsen mit Pinnenausleger ist der Regattahalse sehr ähnlich. Du musst allerdings dann wissen, was du mit dem Ausleger machst. Der große Unterschied liegt im Handwechsel am Pinnenausleger.
Hierzu folgen in naher Zukunft Bilder und ein Video.
Typische Fehler beim Halse Segeln
Da der Wind von hinten kommt, hast du immer Vortrieb und somit kannst du immer steuern und auch eine Halse segeln. Steht dein Boot wie z.B. bei einer Wende Im Wind hat es keine Strömung um das Ruder und du kannst nicht mehr steuern.
Das heißt: eine Halse geht immer, solange es Wind gibt.
Trotzdem haben viele Probleme damit. Das liegt einerseits an den Gefahren (siehe oben) bzw. an unsauberer Technik.
Was geht also schief?
Das Boot kentert nachdem das Segel über kommt
Du bist zu langsam auf die neue Seite gekommen. Der Gewichtstrimm ist falsch und das Boot kippt um. Bei wenig Wind verzeiht das Boot viel. Bei mehr Wind muss das Timing stimmen.
Das Boot krängt sehr stark und kentert fast.
Siehe oben. Du musst schneller auf die neue Seite und das Boot flach halten. Bist du zu langsam und das Boot krängt, dann kann es sein, dass der Baum auf das Wasser schlägt und somit das Boot „über sich selbst stolpert“. Der Baum ist dann wie ein Treibanker. Wenn du Pech hast, kentert dein Boot.
Alternativ kannst du dein Schwert anheben, wenn du das noch nicht gemacht hast. Dann rutscht dein Boot seitlich weg und die Krängung wird vermindert.
Auf Raumwindkurs kann man das Schwert 1/2 und auch Vorwindkurs 3/4 anheben.
Das Boot sollte immer flach in eine Halse gehen und flach aus dieser heraussegeln.
Das Boot krängt stark und kommt dann außer Kontrolle
Wenn dein Boot während des Manövers krängt, dann kann wie oben beschrieben der Baum auf das Wasser schlagen und das Boot noch mehr krängen. Wie in diesem Artikel zu den 5 Grundlagen beim Segeln beschrieben, dreht ein gekrängtes Boot immer in die Richtung, auf der der Bug oben ist. Ist die Schräglage sehr groß, weil du z.B. noch auf der falschen Seite sitzt, und die Pinne ist noch in einem Winkel eingestellt, dreht das Boot extrem schnell nach Luv und macht ggf. sogar eine Wende. Dieselbe Schräglage/Pinnenstellung führt nun zum Abfallen und zur ungewollten Patenhalse. etc. etc. Ein Teufelskreislauf beginnt.
Passiert das, musst du die Pinne unter allen Umständen in die Mitte stellen und oder Richtung Baum bewegen (Kopf unten lassen nicht vergessen) und das Boot wieder flach ausrichten. Dann kannst du dich sortieren und weiter segeln.
Nachdem das Segel über kommt, dreht es wieder zurück und das Boot halst nochmals
Ursache ist hier, dass du die Pinne nicht in die Mitte stellst, sondern zu weit auf die andere Seite bewegst. Das Boot fährt prinzipiell in die andere Richtung zurück und das Segel kommt direkt wieder auf die alte Seite. Das ist dann eine Patenthalse.
Tom’s Top Tipps zum Halsen
- Hab keine Angst vor der Halse
- Halte deinen Kopf unten, aber die Augen nach vorne und offen
- Lege nicht zu viel Ruder. Je mehr Ruderlage, desto schneller geht alles
- Je höher deine Fahrtgeschwindigkeit, desto weniger Kraft hat das Segel, wenn es über kommt.
- Schwert anheben kann Krängung vermindern
- Übung macht den Meister
Sind dir einige Begriffe nicht bekannt, dann empfehle ich dir das Seglerlatein auf Segelplanet.de – Segelbegriffe für Anfänger auf Deutsch & Englisch einfach erklärt.