Ablegen unter Segeln

Ablegen unter Segeln, egal ob von einer Boje, vom Steg als Hafenmanöver oder vom Strand, ist ein wichtiges seemännisches Manöver, das jeder Skipper beherrschen sollte.

Auch wenn ziemlich jedes größere Boot mit einem Hilfsmotor ausgestattet ist, kann dieser jeden Moment ausfallen und die richtigen Handgriffe und besonders die richtigen Entscheidungen müssen getroffen werden.

Hier liest du

  • Teil 1 – Vorbereitungen zum Ablegemanöver und
  • Teil 2 – Ablegen unter Segeln von einer Boje

Vorbereitung Ablegemanöver

Zur allgemeinen Vorbereitung zum Ablegen beim Segeln gehört, dass du weißt wo der wahre Wind herkommt, einen Ablegeplan hast und diesen mit der Crew besprichst und deine Segel in der richtigen Position und Reihenfolge setzt.

Wo kommt der wahre Wind her?

Beim Ablegen unter Segeln musst du zuallererst wissen, woher der wahre Wind kommt. Dieser ist dein Motor und bestimmt wie und wohin du ablegen kannst. Typische Möglichkeiten den wahren Wind an Land zu erkennen sind:

  • Das Ohrenrauschen
  • Windanzeiger auf dem Mast
  • geankerte / an Boje geparkte Boote
  • Fahnen

Falls du mehr Wissen zur Winderkennung möchtest (brauchst), empfehle ich dir den Artikel „Wahre Windrichtung beim Segeln bestimmen„. Dort gibt es neben allgemeinen Tipps auch Ideen, wie du den wahren Wind an Land und auf dem Wasser erkennst.

Kommandos beim Ablegen unter Segeln

Wie überall ist Kommunikation auch beim Ablegen wichtig. In den Beschreibungen zum Ablegen weiter unten werden die Kommandos nochmal aufgegriffen.

Hier bekommst du jedoch schonmal, unabhängig von deinem detaillierten Ablegemanöver und -plan, die typischen Kommandos.

  • „Klar zum Ablegen über Backbord/Steuerbord?!“ – Alle werden sensibilisiert, dass es gleich los geht und die Richtung wird angesagt. Über Backbord heißt übrigens, du drehst nach Backbord (links) und hast den Wind dann von Steuerbord.
  • Antwort: „Klar“ – wenn alle in Position sind und ihre Handgriffe wissen.
  • „Klar bei Vorleine?!“ – unter Segeln hängt das Boot meistens nur noch an einer Vorleine, die zum richtigen Zeitpunkt vom Vordeck losgeworfen muss.
  • Antwort: „Ist Klar“ – Person an der Vorleine hat diese slip-bereit, aber immer noch fest unter Kontrolle (z. B. um Klampe gelegt und nicht nur in der Hand)
  • „Vorleine los!“ – davor kommen noch ein paar Handgriffe (siehe unten), ist aber das Kommando zum Vorleine loswerfen (natürlich nur ein Ende, das andere Ende ist noch am Boot fest)

Merke: Kommandos ist nur ein anderes Wort für Kommunikation und kein Grund zum Anschreien oder militärischen Ton. Gerne kannst du auch deine eigenen Kommandos erfinden. Es gilt nur: Jeder muss wissen was welches bedeutet.

Segel setzen

Da du unter Segeln ablegst, musst du dazu die Segel setzen. Egal ob dein Boot an Land (z. B. Jollen) oder auf dem Wasser vorbereitet wird, es muss zum Segelsetzen immer in die wahre Windrichtung zeigen. Ist das nicht der Fall, wirst du es schwer haben das Großsegel hochzuziehen. Liegt dein Boot an einer Boje, dann dreht es automatisch in den Wind und bleibt dort solange das Segel nicht unter Druck kommt.

Zuerst geht immer das Großsegel hoch. Ist dieses angeschlagen (hochgezogen), dann kommt das Vorsegel dran.

Warum macht man das in der Reihenfolge?

Die Fock würde sonst im Wind wild herumflattern. Das ist nicht gut für das Material und ebenso nervig, wenn es dir um die Ohren schlägt. Das rabiate hin und her knallen kann auch zu starken Verletzungen führen, wenn dir zum Beispiel das Schothorn an den Kopf haut.

Beim Segel einholen (runterziehen) ist es übrigens umgedreht.

Achtung: Segel immer unter loser Großschot setzen, sodass der Baum frei schwingen kann. Ebenso darauf achten, dass der Kicker / Vang / Gnav / Baumniederholer lose ist.

Merke also:

  • Segel setzen: 1. Großsegel, 2. Vorsegel
  • Segel einholen: 1. Vorsegel, 2. Großsegel

Eine kleine Eselsbrücke, die ich mal gehört haben ist:

„Morgens stehen die Erwachsen, also die Großen (Großsegel) zuerst auf (Segel hoch) und danach die Kleinen (Vorsegel). Abends gehen die Kleinen (Vorsegel) zu erst ins Bett (Segel runten) und danach erst die Erwachsenen (Großsegel)“.

Allgemeine Tipps

  • Beim Ablegen empfiehlt es sich stets nah am oder auf Halbwindkurs abzulegen. Hier kannst du sehr schnell Fahrt rausnehmen (anluven und Segel fieren), bzw. Tempo aufnehmen (abfallen bzw. Segel dichtholen). Außerdem besteht keine Gefahr eine Patenhalse zu fahren oder im Wind stecken zu bleiben.
  • Segel nicht zu dicht ziehen. Dadurch entsteht eine starke seitliche Abdrift. Wenn dein Segel beim Ablegen noch etwas killt, ist das gut. So kommt dein Boot in Fahrt mit und hat nicht nur Querkräfte.
  • Vorwiegend über Fock ablegen – wenn du die Fock auf dem Bug dicht holst, unterstützt du das Abfallen. Holst du das Großsegel (zu) dicht, wandert der Segeldruckpunkt nach hinten und Abfallen wird schwerer (das und wie die richtige Krängung beim Abfallen helfen kann, findest du bei den 5 Tipps, die dein Segeln verbessern).
  • Leichte Ruderbewegungen – legst du bei wenig Vortrieb dein Ruder zu stark, ist das kontraproduktiv. Dein Boot wird dadurch gebremst und hat weniger Ruderwirkung.

Ablegen von der Boje – viel Platz nach Lee

Liegt dein Boot an einer Boje und du hast in Lee unbeschränkt Platz, ist es super einfach dein Boot abzulegen.

Wir legen von der Boje ab

Wenn deine Segel gesetzt sind, dann ist die Abfolge folgende:

  1. Entscheiden in welche Richtung abgelegt werden soll und Plan mit Crew kommunizieren. „Klar zum Ablegen über Backbord/Steuerbord!?“ Antwort, wenn bereit: „Ist Klar!“
  2. Pinne in die gewünschte Fahrtrichtung drücken (ca. 25° – 40°) – Auf dem Bild legen wir nach Steuerbord ab. Du sitzt auf Backbord, die Pinne geht nach Steuerbord. Die Segel flattern. – Dann: „Vorleine los!“
  3. Das Boot fängt an rückwärts zu treiben und fängt durch die Ruderlage an zu drehen. Auf dem Bild dreht das Heck nach Backbord, der Bug nach Steuerbord. WICHTIG: Pinne in einer Position halten und nicht hin und der bewegen. Sonst fährt das Boot nur Schlangenlinien rückwärts und du kommst nie aus dem Wind heraus.
  4. Ist das Boot weit genug aus dem Wind herausgedreht (ca. 50° – 60° – Am Windkurs), wird erst die Fock dicht genommen und somit das Abfallen unterstützt. Nähert sich das Boot Halbwindkurs, hört die Rückwärtsfahrt automatisch auf. Jetzt oder auch schon etwas vor dem Halbwindkurs ziehst du das Großsegel dichter, sodass es noch etwas killt, und stellst die Pinne mittig bzw. ziehst diese leicht an, falls notwendig, um auf Halbwindkurs zu kommen. Du segelst jetzt vorwärts. Nun können die Segel passend zum gewählten Kurs eingestellt werden.

Ablegen von der Bojo – wenig Platz nach Lee

Hast du Lee nicht ausreichend Platz, z. B. weil dort andere Boote liegen oder der Wind auflandig weht, musst du dein Ablegemanöver verändern.

Unter Segeln von der Boje starten

Ziel ist es das Abdriften des Bootes zu verringern und das Drehen und los segeln zu beschleunigen, damit du nicht in eine Kollision verwickelt wirst.

Im Folgenden beschreibe ich dir, wie du fast schon beim Leine los werfen auf Halbwindkurs bist und sofort Fahrt aufnehmen kannst und somit aus engen Situationen rauskommst. Das Ganze ist fast identisch mit dem Push Push Pull Pull Ablauf, wenn man im Wind stecken bleibt.

Dieses Manöver klappt für kleine Jollen genauso gut wie für Kielboote und Yachten.

Ruderlegen & Großsegel back

Ablegen von der Boje mit back gehaltenem Großsegel
  • Während das Boot an der Boje noch befestigt ist
  • Auf der zukünftigen Luv Seite sitzen (hier Backbord)
  • Pinne in gewünschte Ablegerichtung drücken (hier Steuerbord)
  • Großsegel auf der gewünschten Ablegeseite nach vorne drücken (Hier Steuerbord)
  • Fock flattern lassen

Das Boot dreht hier mit dem Heck nach Backbord, während es noch fest an der Boje hängt. Vorteil ist, dass man das Manöver nochmal abbrechen kann und man auf der Stelle ohne Raumverlust nach Lee aus dem Wind herausdreht.

Boot dreht aus dem Wind

An der Boje Großsegel back halten und Boot drehen
  • Großsegel und Pinne in gleicher Position halten
  • „Klar bei Vorleine?!“ – Die Leine an der Boje sollte einfach zu slippen und nicht vertüdelt sein.
  • Warten bis das Bot ca. 45° aus dem Wind gedreht ist

Je nach Wind, Welle und Bootstyp dauert das Drehen etwas. Je weiter du dein Groß aufdrücken kannst, desto weiter dreht dein Boot aus dem Wind. Je stärker der Wind, desto schwerer ist das Aufdrücken, bzw. desto schneller wird der nächste Schritt erfolgreich sein.

Leine los & Fock dicht holen

Leinen Los und Fock dicht - Ablegen von der Boje

Wenn das Boot ca. 45° aus dem Wind heraus gedreht ist, kommen die nächsten Schritte. Jetzt muss es schnell gehen, sonst treibst du zu weit nach Lee bzw. drehst wieder zurück in den Wind.

Folgende Schritte laufen mehr oder weniger gleichzeitig ab.

  • „Vorleine los“ – Vorleine wird geslippt und an Bord geholt (als Einhandsegler kommt das Einholen später)
  • Groß flattern lassen
  • Pinne mittig oder leicht anziehen
  • Fock dicht holen
  • Boot abfallen lassen

Da du bereits, während du noch an der Boje fest warst, aus dem Wind gedreht hast, sollte dein Boot nun mit der dichten Fock (Segeldruckpunkt weit vorne) zügig abfallen. Ist dein Boot auf Am Wind Kurs mit ca. 60° zum wahren Wind, gehst du zum nächsten Schritt über.

Abfallen und Großsegel dicht holen

Von der Boje ablegen - Großsegel dicht und abfallen

Um Fahrt in das Boot zu bekommen, wird die Pinne zum Abfallen angezogen und das Groß dichter geholt. Erst wenn du etwas Fahrt aufgenommen hast, holst du das Segel in die richtige Position, dass es nicht mehr killt. Machst du dies zu früh, treibt dein Boot sonst nur seitlich und vielleicht auf ein anderes auf. Beachte die allgemeinen Tipps weiter oben.

Ablegen von der Boje – ganz wenig Raum in alle Richtungen

Findest du dich in einer Position, in der du weder nach Lee noch nach links und rechts Platz hast, dann befolgst das Manöver weiter oben.

Allerdings ist schnelles Handeln besonders jetzt gefragt. Bist du zu allen Seiten blockiert, dann solltest du immer hinter dem anderen Boot entlang fahren und niemals versuchen knapp vorne vorbeizukommen.

Mit dem Boot im Bojenfeld lossegeln

Beachte, dass

  • du immer seitliche Abdrift hast, besonders wenn du langsam bist
  • Bojen im Seeboden festgemacht sind und somit Leinen schräg von der Boje zum Grund gehen. An diesen bleibt man leicht hängen
  • du zum Abfallen ein offenes Großsegel und dichte Fock hast, damit der Segeldruckpunkt vorne liegt

Notfallplan

Kommt der Kahn auf Halbwind nicht in Gang hast du keine Ruderwirkung und dein Boot reagiert nicht. Wird es eng, hilft nur beherzt abfallen (Fock dicht, Groß auf, Luv Krängung, Pinne ziehen). Dein Boot bekommt hoffentlich Fahrt, dein Ruder Wirkung und du kannst steuern und anderen ausweichen. Wenn es notwendig wird, hilft auch eine ganz schnelle Crash Halse. Sei dir aber bewusst wie du die Halse unter Kontrolle hast und wie dein Boot reagiert, sonst segelst du mit Volldampf in ein anderes hinein.

Alternativen zum Ablegen von der Boje

2 Alternativen möchte ich dir noch an die Hand geben. Bei der ersten wird die Boje per Hand mittschiffs gezogen. Die zweite funktioniert mit einer langen Leine zur Heckklampe.

Boje mittschiffs führen

Diese Aktion geht besonders bei Leichtwind. Mit starkem Wind wird es dir schwerfallen.

Kurz und knapp erklärt:

  • Löse beide Enden der Vorleine vom Bug
  • Halte beide Enden in den Händen
  • Gehe Richtung mittschiffs, also nach hinten und ziehe die Boje mit dorthin
  • dein Boot fängt an zu drehen
  • Auf Höhe der Wanten oder knapp hinter dem Mast, sollte es weit genug gedreht haben.
  • Lass ein Ende los und ziehe die Vorleine an Bord

Lange Leine auf Heckklampe

Das Ablegen stellt Einhandsegler öfters vor Schwierigkeiten. Gleichzeitig muss man am Ruder auf dem Heck und an der Vorleine auf dem Bug sein.

Natürlich kannst du die Vorleine loswerfen, dann zugügig hinter gehen und weiter machen. Oder wie gerade beschrieben die Boje mittschiffs ziehen. Nicht immer ist das jedoch praktikabel. Hier hilft eine lange Leine.

Während dein Boot noch festgemacht ist, nutzt du diese lange Behilfsleine und belegst diese auf dem Vorschiff, führst sie durch die Boje durch und bringst sie außerhalb der Wanten nach hinten und belegst die Leine dort.

Mit langer Behilfsleine von Boje ablegen

Jetzt kann die Vorleine los.

Drücke die Pinne in Ablegerichtung weg. Sollte dein Boot noch nicht anfangen zu drehen, drückst du gleichzeitig das Großsegel vor (auf Ablegerichtung). Dreht dein Boot immer noch nicht, musst du die Boje greifen und etwas mittschiffs ziehen.

Das Boot ist nun nur noch mit der langen Leine befestigt, und hat diese querab vom Boot.

Sobald dein Boot weit genug aus dem Wind heraus gedreht hat, löst du die Leine auf dem Heck, nimmst die Fock dicht, und ziehst an der Pinne zum Abfallen.

WICHTIG: Stell sicher, dass die Leine nicht vertüdelt ist oder Knoten hat. Sie muss frei ohne Hindernis durch das Auge von der Boje laufen können.

Die Leine treibt nun entlang vom Boot und du holst sie ein, wann immer du Zeit hast.

Vorteil: Kontrolliertes lösen der Verbindung zur Boje, normalerweise ohne Stress.

Wie lege ich unter Segeln von eine Boje ab?

Sind dir einige Begriffe nicht bekannt, dann empfehle ich dir das Seglerlatein auf Segelplanet.de – Segelbegriffe für Anfänger auf Deutsch & Englisch einfach erklärt.

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